Das Gesundheits-Dilemma, die Rattenjagd und es geht voran im Projekt

Endlich mal besser Nachrichten. Julia hat ihr Denguefieber-Virus gut überstanden, sie ist quasi wieder fit. Den Donnerstag ging es ihr noch sehr schlecht, doch seit Freitag ging es aufwärts. Und wir haben Dengue nochmals gegoogelt: 2013 gibt es in Nicaragua tatsächlich eine Dengue-Epidemie, das heißt mehr Fälle von Dengue als die letzten Jahre, das hat multiple Gründe. Zum einen gibt es dieses Jahr viel Regen und zum anderen hat auch der Klimawandel einen Einfluss. Denn die insgesamt höheren Temperaturen führen dazu, dass die Moskitos schneller larven und sich schneller vermehren. Zudem sticht die Dengue-Mücke tagsüber (hier ist das Moskitonetz kein Schutz) und die Denguemücken leben vor allem in urbanen Siedlungen und erreichen somit mehr Menschen als die Malaria, die vor allem im ländlichen Raum ein großes Problem ist. Zu den aktuellen zahlen, laut offiziellen Statistiken (die sicherlich nur bildhaft sind, jedoch nicht alle Fälle abdecken können), gibt es 2013 bereits mehr als 2000 Dengue-Fälle in Nicaragua (5,7 Millionen Einwohner) und daran gestorben sind offiziell 6 Personen. 2012 wurden in Nicaragua offiziell insgesamt 804 Fälle von Malaria gemeldet, davon waren 80% in der RAAN-Region in der wir uns befinden (besonders nord-östlich von uns, an der Grenze zu Honduras). Malaria geht im Gegensatz zu Dengue um einiges oefter toedlich aus. Aus dem Grund wurde uns inzwischen auch von zwei Ärzten empfohlen, eine Malaria-Prophylaxe einzunehmen. Diese Mittel sind jedoch sehr Leber-schädigend, haben viele und starke Nebenwirkungen und können nur in einem begrenzten Zeitraum eingenommen werden. Dr. Fausto riet uns, zu der Apotheke Prado zu laufen, wo wir diese erhalten könnten. Doch dort angekommen erfuhren wir, dass die Malaria-Prophylaxe gar nicht gekauft werden kann, sondern nur kostenfrei beim Gesundheitsministerium erworben werden kann. Somit liefen wir am Montag dorthin, da es sich auch zufällig gegenüber vom einzigen Supermarkt Puertos befand. Dort klopften wir bei der Apotheke, sie besaß nur ein kleines Fensterchen. Das Medikament war jedoch nur auf Rezept erhältlich. Der Farmazeut schickte uns in die angeschlossene Polyklinik, wir sollten Dr. Lazaro finden. Dort angekommen, war sein Büro verschlossen, wir warteten auf der Bank davor. Zufälligerweise kam er wenige Minuten später in Motorad-Montur an – wie die Dinge immer so laufen in Nicaragua. Er verschrieb uns nach kurzer Rückfrage unserer Gründe Chloroquina (Cholorquin) für fünf Wochen (der Maximal-Zeitraum), welches wir anschließend kostenfrei in der Apotheke abholen konnte. Bevor wir es jedoch einnehmen, wollten wir uns jedoch nochmal genau über die Nebenwirkungen und die Risiken informieren. Denn neben Leberschäden führt es zu Netzhauttrübungen, Magen-Darm-Krankheiten und Übelkeit, Kopfschmerzen bis hin zu „psychoneurologischen Störungen“ wie Halluzinationen. Da fragen wir uns doch wirklich, ob es uns das wert ist. Malaria ist zwar eine wirklich gefährliche Krankheit, aber fünf Wochen mit diesen Nebenwirkungen klingt auch nicht nach Zuckerschlecken! Zudem reichen uns die fünf Wochen eigentlich nicht, da wir die kommenden 7 beziehungsweise 8 Wochen noch alle zwei Wochen in die Comunidades fahren. Wir werden uns also zunächst auch erst einmal informieren, ob es aktuelle Malaria-Fälle in Butku und in den anderen Comunidades des Bloque SIPBAA gibt.

Ansonsten haben wir die letzte Woche noch damit verbracht, Rattengift auszulegen. Wir fanden es zufällig im Supermarkt. Es ist wirklich ein Phänomen, dass der Supermarkt bei jedem Einkauf anders aussieht. Entweder weil sie ihn wieder unlogisch umsortiert haben oder weil die eine Ware derzeit nicht erhältlich ist und dafür eine andere Ware kam. Auf der Packung des Rattengifts stand, dass wir es verteilen sollen, damit die Ratte es auch sicher findet und dass wenig Gift die Ratte schon umbringt. Somit legten wir das Gift auf zwei Teller verteilt, insgesamt ganze 20 Gift-Stückchen. Und am nächsten Morgen? Es war alles weg. Daher schlossen wir darauf, dass die Ratte  (oder die Mäuse) „mausetot“ sein müssten. Am Abend legten wir kurz vor dem Schlafen gehen sicherheitshalber nochmals vier Stückchen aus, um auch sicher zu gehen, dass alle Viecher etwas abbekommen haben… und keine zwei Minuten später lief uns eine Ratte quasi über die Füße und aß vor unseren Augen die Stücke weg… also hatten doch nicht alle etwas abbekommen, oder die zwanzig Stück haben nicht gereicht. Wir hofften, dass die Ratte damit wenigstens erledigt war. Doch am kommenden Morgen stand Julia bereits um sechs Uhr auf und tatsächlich lief die Ratte quer durch die Küche – dabei hatte sie sich noch nie Morgens gezeigt. Wir hoffen, dass sie nur am Morgen noch in der Küche war, weil sie zu schwach war um wieder die Wand hoch auf den Dachboden zu klettern. Und am Abend sprach wieder eine Ratte in der Küche rum, die auch wieder im Loch in der Decke verschwand… Also entweder ist gibt eine ganze Armee an Ratten im Dach oder wir haben ein Placebo-Gift. Zumindest werden wir jetzt versuchen so lange jeden Abend Gift auslegen, bis diese ekelhaften Tiere alle gelyncht sind. Sonst bekommen wir dieses Haus nie keimfrei und werden wir wohl nie gänzlich gesund. Unsere Vermieterin Carmen erzählte uns kürzlich erst, dass es hier auch Krankheiten gibt, die über Ratten-Urin übertragen werden… also schleunigst weg mit den Viechern!

Eine weitere Sache die wir diese Woche angegangen sind ist, dass wir erneut das Büro von Masangni aufgesucht haben. Masangni ist die „Mutter-Kooperative“ unserer COOSIPBAA und sie arbeitet eng mit dem WWF und der GIZ zusammen. Sie liegt außerhalb der Stadtgrenze Puertos und dort arbeitet auch Carmen. Masangni besitzt einige wichtige Informationen für uns, die uns die COOSIPBAA aufgrund des verschollenen Schlüssels nicht aushändigen kann, wie beispielsweise den äußerst wichtigen Strategieplan der Kooperative, den wir derzeitig mithilfe von Feldforschung, Workshops und Interviews erneuern sollen. Es wurde uns jedoch auch im Fall Masangni nicht leicht gemacht. Als wir vor zwei Wochen dort waren, waren gerade alle – bis auf das Sekretariat – auf Exkursion in eines der Dörfer. Wir hinterließen unsere Kontakte und eine Liste unser benötigten Unterlagen. Allerdings scheint der Zettel verloren gegangen zu sein, zumindest hörten wir nichts von ihnen. Nachdem wir heute wieder nur den Anrufbeantworter erreichten, fuhren wir erneut mit einem Taxi dorthin. Taxi-fahren ist hier ebenfalls ein Phänomen, denn das Taxi wird immer voll besetzt und es werden die Personen nach Einsteigereihenfolge abgeliefert – auch wenn das manchmal dem logischen Weg widerspricht, allerdings sehen wir so Viertel von Puerto, in die wir sonst niemals fahren würden. So war es auch heute. Wir stellten uns extra an die Straße Richtung Stadtausgang und zu Masangni, um ein Taxi zu erwischen welches auf dem möglichst direkten Weg zu unserem Ziel fährt. Der Taxifahrer lieferte jedoch eine Frau kurz vor Masangi ab und drehte dann um gen Zentrum. Obwohl wir ihm sagten, dass wenig weiter bereits unser Ziel lag, ließ er sich nicht beirren. Zudem war er fest davon überzeugt besser zu wissen wo sich Masangni befand, als wir. Somit fuhr er zu dem Ziel was er meinte – in Zentrum. Nach einigen Erklärungsversuchen und einem riiiiieessen Umweg kamen wir nach etwa 45 Minuten (statt 15 Minuten) bei unserem Ziel an. Bei Masangni erfuhren wir dann, dass quasi die komplette Belegschaft derzeit in Managua bei einem GIZ-Workshop ist. Es ist der letzte Workshop den die GIZ in Nicaragua durchführen wird, da die deutsche Entwicklungspolitik ab November in Nicaragua eingestellt beziehungsweise stark zurueckgefahren wird. Unser äußerst toller Entwicklungsminister Dirk Niebel sieht nämlich in Nicaragua aufgrund der politischen Situation (sozialistisch beziehungsweise links) kein unterstützenswertes Land, obwohl es nach Haiti das ärmste Land Lateinamerikas ist… Zurück zu Masangni. Obwohl unsere Ansprechperson zum Bloque SIPBAA ebenfalls nicht da war, bekamen wir einige digitalen Daten ausgehändigt. Zu unserem Ärgerniss stellten wir Zuhause fest, dass die Formate für uns nicht zu öffnen sind. Toll. Naja, aber wir haben schon einiges an Informationen und können die Workshops für kommende Woche langsam füllen. Meine Aufregung steigt, ich habe vor allem Angst davor, dass mein Spanisch nicht ausreicht oder die lokale Bevölkerung nicht ausreichend spanisch sondern nur mískito spricht.

Zuhause angekommen überraschte uns wieder ein Stromausfall. Schon vergangenen Samstag hatten wir den ganzen Tag keinen Strom, was uns vor große Schwierigkeiten stellt. Denn wir können weder mit Laptops arbeiten, noch haben wir Wasser. Es wird mit einer Pumpe aus dem Brunnen befördert und füllt eine Tonne zum Waschen (wie nennen es liebevoll „eimern“) sowie unsere Bottiche zum Geschirr und Wäsche waschen. Zudem heisst das, dass auch das Internetcafé um die Ecke kein Strom hat und wir somit auch weder recherchieren noch Kontakte nach Hause aufnehmen können. Wir arbeiten dann meist mit unserem Blätterkrieg und lesen viel. Kaum war der Strom an diesem Dienstag wieder da, begann wieder der starke Monsunregen – und wir konnten leider nicht mehr die ganze frische in Schwerstarbeit Hand-gewaschene Wäsche retten. Zudem führte dies wieder zu neuen Stromausfällen und die Umgebung und auch unser Haus stehen innerhalb kürzester Zeit unter Wasser und ein Bach fließt vor unserer Haustür.

Wir versuchen derzeit täglich ein Highlight in unseren Tagesplan einzubauen. Montag war der der Supermarkt-Besucht. Dienstag gönnten wir zwei Vegetarierinnen uns vor lauter Gemüse-Armut sogar Thunfisch in der Tomatensauce. Mittwoch wollen wir eventuell eine deutsch-holländische Fundación besuchen aus Hoffnung, dort Freiwillige kennen zu lernen oder insgesamt mal Kontakte zu knüpfen. Noch beschränken sich unsere „Freundschaften“ hier auf unsere Vermieterin, den Gemüsehändler (der ganz verschossen ist in Julia), die Kassiererin, die Internet-Café-Frauen und der Chef eines Restaurants am Meer, welches unser Highlight am Donnerstag wird (1 Monat überlebt), denn dort gibt es PIZZAA!! Am Freitag haben wir wieder Mískito-Kurs, denn seit zwei Wochen lernen wir die Indigene Sprache. Noch klingen zwar wirklich alle Wörter gleich, doch ein wenig Smalltalk können wir schon halten. Die wirklich amüsanten Wörter sind die vom englischen übernommen, zum Beispiel die Woche (sprecht es schön deutsch oder vielleicht noch spanisch aus): Mundi, Susdi, Winsdi, Tausdi, Fraidi/Praidi, Satadi und Sandi. Ansonsten klingt die Sprache eher so: Naksa, Nahki sma? Ninam diya? Yang nini Cilia. Mani an brisna? Yang twentifive brisna. Anira iwisma? Carmen watla ra. Waitna brisna? Apia, novio wa man, witin nina Tobias. Das heisst übersetzt: Hallo, wie geht’s? Wie heißt du/Sie? Ich heiße Cilia. Wie alt bist du/Sie? Ich bin 25 Jahre alt. Wo wohnst du/Sie? Ich bin/wohne im Haus von Carmen. Hast du einen Mann? (ja die Frage kommt oft) Nein, ich habe einen Freund, er heißt Tobias. Also der Sprachlehrer, ein manchmal verwirrter und leicht schwerhöriger 71-jähriger ehemaliger Hochschullehrer, hat uns versprochen, wir können nach den insgesamt 2 Monaten Sprachkurs quasi fließend Mískito… na da bin ich ja wirklich mal gespannt.

Hier noch ein paar Bilder-Updates:

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Blick vom „Malecon“-Restaurant auf den Strand und den „internationalen Hafen“

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Eine Nebenstrasse in Puerto Cabezas

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Die Wohn- und Geschaeftshaeuser in der Hauptstrasse

 

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